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Binger Stadtgeschichte erleben und weitergeben / Denkmalgesellschaft will Nachwuchs gewinnen
Allgemeine Zeitung, Bingen vom 9. Juni 2022 – von Sören Heim

BINGEN. Für Martin Rector begann das Engagement für Kulturdenkmäler mit dem damals bei St. Goar liegenden Tauch­glockenschiff Kaiman. “Bekannte hatten mich darauf hingewiesen, dass dieses einzigartige Schiff verschrottet werden soll. Den Gedanken fand ich schrecklich. So habe ich mich mit anderen Menschen zusammengeschlossen, denen das Schiff am Herzen lag, und wir haben bei den zuständigen Stellen interveniert.” Die Verschrottung wurde abgeblasen. Das Schiff befindet sich heute in Duisburg, wo es restauriert wird.

FÜHRUNG
• Am 18. Juni von 10 bis 12 Uhr beantwortet
Rector Interessierten Fragen am Hafen­kran.
• Anmeldung und allgemeine Fragen: E-Mail an
post@denkmalgesellschaft.de, per Telefon 06721-2424
oder im Internet unter www.denkmalgesellschaft.de.

Aus dieser Initiative ging 2006 die Denkmalgesellschaft hervor, die heute knapp 30 Mitglieder hat. Ein erster Anstoß, erzählt Rector, liegt allerdings noch länger zurück. Es war der Abriss des Mainzer Hofs und des alten Rathauses in Bingen, was Rector bezüglich des Denkmalschutzes wachrüttelte. “Wenn solche alten Gebäude zerstört werden und man kann nichts machen, fühlt sich total machtlos, das bleibt im Gedächtnis.”

Quelle: AZ, Foto Sören Heim

Entsprechend hat die Denkmalgesellschaft bis heute diese beiden Ziele: Für den Erhalt von Kulturdenkmälern zu kämpfen und bei den zuständigen Stellen zu intervenieren sowie interessante Kulturdenkmäler Menschen nahe zu bringen und beispielsweise Führungen zu organisieren. Allerdings: Die Denkmalgesellschaft braucht dringend Nachwuchs. “Wir suchen neue engagierte Mitglieder, um unsere Arbeit langfristig weiterführen zu können”, sagt Rector. Besonders deutlich sei das den Mitgliedern noch einmal vor Augen geführt worden, da kürzlich ein älteres Mitglied verstorben sei, das Woche für Woche für Binger wie Touristen den Alten Kran am Rheinufer geöffnet und das historische Industriedenkmal in lebendiger Weise vorgestellt habe. Den Ausfall eines so engagierten Mitglieds kann die Gesellschaft im Moment nicht ersetzen. Entsprechend sei es an der Zeit, findet Rector, mit Blick auf die Zukunft die Weichen neu zu stellen.

Der alte Kran steht im Mittelpunkt der Arbeit der Denkmalgesellschaft. Vorführungen der Arbeitsweise des voll funktionsfähigen Krans von 1487 erregen immer wieder großes Interesse bei Gästen von nah und fern. Auch diese Initiative stammt ursprünglich von Rector, der ‘im Laufe seines Lebens auch einen Kranführerschein gemacht hat und dieses Wissen auch für den alten Hafenkran fruchtbar einzusetzen wusste. Dabei funktioniert so ein alter Kran natürlich noch ein bissehen anders als ein moderner. Mit zwei gigantischen Rädern im Inneren, in denen die Kranknechte laufen wie in einem Hamsterrad, wird der Arm auf und ab bewegt. Mittels schwerer Balken, gegen die man sich stemmt, schwenkt der Kranarm. Einst eine mühselige schweißtreibende Arbeit, doch als Vorführobjekt heute natürlich ein großer Spaß für die “Kranknechte”, die die Führungen leiten, ebenso wie fürs Publikum. Allerdings: “Ich habe das Gefühl, die Arbeit in einem ehrenamtlichen Verein ist manchmal auch wie so ein Laufen in einem großen Hamsterrad”, sagt Rector. “Es muss immer weitergehen, aber es wird nicht einfacher. Und da wünscht man sich, dass auch mal andere ins Rad steigen.”

Die Metapher sollte allerdings nicht abschrecken: Denn wer schon einmal im Rad des alten Krans gelaufen ist weiß, dass das eben auch eine spaßige und erfüllende, Tätigkeit sein kann. Die Denkmalgesellschaft hat bereits früher, unter anderem in Zusammenarbeit mit der VHS, Kranführer-Schulungen durchgeführt, und konnte so auch zeitweilig einige Mitglieder gewinnen, “Vielleicht ist das auch eine Idee, die wir wieder verfolgen werden”, sagt Rector. Auch SchuIen besuchen den Kran regelmäßig, und natürlich würde die Denkmalgesellschaft sich freuen, vielleicht auch einmal ganz junge Mitglieder gewinnen zu können. Vorwissen mitbringen müsse man nicht, sagt Rector. Engagement und historisches Interesse reichen. Den Rest lernt man in kurzen Kursen bei der Gesellschaft. Die beschäftigt sich natürlich nicht nur mit dem alten Kran. Auch die kleine Kapelle unter der Drususbrücke etwa, kann man zu seinem persönlichen Einsatzbereich machen. Und auch den von außen so unscheinbaren Draisbrunnen, unter dem ein Gang tief ins Binger Unterland führt, würde die Gesellschaft gern in Zukunft in den Blick nehmen. In jedem Fall, sagt Rector, sei die Mitarbeit bei der Denkmalgesellschaft eine unterhaltsame Art und Weise, die Binger Stadtgeschichte kennenzulernen und weiterzugeben.

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