Conrad, unser junger Museumsführer, erklärt den alten Rheinkran in Bingen
Text und Idee mit freundlicher Unterstützung durch das Historische Museum am Strom, Bingen am Rhein
Illustration: Conrad, Jutta NElißen, Bingen. Text teilweise aktualisiert.
Ausarbeitung für den Türöffnertag der Sendung mit der Maus am 3. Oktober 2014 mit Beteiligung des Alten Kranes
Conrad erzählt … Geschichte für Kinder erklärt. Eine Aktion des Historischen Museums am Strom, Bingen [Link]
Hallo, mein Name ist Conrad. Ich bin ein waschechter Binger Bub und kenne ich mich in der mittelalterlichen Stadt hervorragend aus.
Schön, dass du den alten Kran besuchst. Er ist eine echte Besonderheit, weil nur ganz wenige solcher Lastenkrane aus dem Spätmittelalter noch erhalten sind. Der Binger Kran wurde 1487 errichtet. Das weiß man von einer Inschrift im Fundament, die du von der Rheinseite her sehen kannst.
Zwischen Mainz und Köln ist unser Kran hier der erste nachweisbare Lastenkran am Rhein. Er wurde restauriert und ist heute der einzige voll funktionsfähige alte Kran in Deutschland.
Übrigens, der Name Kran leitet sich von dem Vogel Kranich ab, denn der hochragende Schwenkarm erinnert an den langen Hals eines Kranichs.
Krane gab es schon zur Römerzeit am Rhein. Die Römer, die in Bingen ein Kastell errichtet hatten, verwendeten Holzkrane mit Laufrädern zum Be- und Entladen der Schiffe und beim Errichten ihrer beeindruckenden Bauwerke.
Auch im Mittelalter waren Krane sehr wichtig, um die für den Bau von Kathedralen und Burgen benötigten schweren Steinquader bewegen zu können. Bei diesen Kranen handelte es sich um einfache Holzknnstruktionen mit einem Laufrad, die
in jeder Höhe angebracht werden konnten. Solch ein Hilfsmittel wurde z.B. beim Bau des Kölner Doms verwendet.
Bei unserem Kran ist das ganz anders! Lass mich dir erklären, wie er funktioniert und was seine Aufgabe war.
Das Ausrichten und Heben
Sobald ein Schiff geankert hatte, begannen die Krankknechte mit ihrer Arbeit. Zuerst musste der Ausleger (Lastarm), der sog. “Schnabel” in die richtige Position gebracht werden. Dazu drückten zwei bis vier Männer im Inneren einen großen Balken, um
so die Mittelachse, den “Kaiserbaum” und dadurch das Kuppeldach mit dem Schnabel in Bewegung zu setzten. Die schweren Handelsgüter wurden an einem starken Hanfseil befestigt. Dieses Seil verlief über den Schnabel ins Innere und war an einer Seilwinde am Kaiserbaum zwischen den beiden Laufrädern befestigt. Die Seilwinde war das Herzstück des Krans.
Kranmeister und Kranknechte
Die Aufsicht über den Kran hatte der Kranmeister. Er kümmerte sich um den Kran und regelte alle Arbeiten rund um das Verladen von Fässern, Säcken und Gütern.
Ihm zur Seite standen noch die Kranknechte, welche die beiden großen hölzernen Laufräder im Inneren bedienten und den Schnabel des Krans in die richtige Position brachten. Das war keine ungefährliche Arbeit, denn wenn die Güter nicht fachmännisch befestigt waren, konnte es zu schweren Unfällen kommen. Mit den großen Holzrädern konnte das Seil nun auf und ab bewegt werden. Wenn sich die Räder drehten, wickelte sich das Seil langsam auf und die Ladung wurde nach oben gezogen. In den Laufrädern liefen zwei bis vier Kranknechte wie Goldhamster im Laufrad. Es war eine schweißtreibende und anstrengende Arbeit. Die Männer mussten beim Laufen darauf achten, dass sie das gleiche Tempo einhielten und nicht stolperten. Sonst war die Ladung gefährdet und es konnte Verletzte geben.
Während die Ladung, meist Salz, Wein und Getreide angebracht wurde, mussten die Kranknechte im Laufrad verharren, denn die Räder konnten nicht festgestellt werden.
War die Ladung befestigt, wurde sie nach oben gezogen, danach mussten die Männer den Schnabel wieder in die gewünschte neue Position bewegen. Dies war jetzt viel schwerer und schwieriger, da ja viel Gewicht am Seil hing.
Hatten sie es geschafft, begann die anstrengende Arbeit im Rad von neuem. Durch Laufen in die andere Richtung wurde das Seil nach unten bewegt. Das Ablassend der Ladung war komplizierter als das Hochziehen und die Männer mussten sehr vorsichtig im Rad laufen.
Nachdem die Ladung gelöscht war, entrichteten die Schiffer dem Kranmeister und seinen Helfern eine Gebühr.
Möchtest du noch mehr über die Geschichte Bingens erfahren oder über Hildegard, die berühmte Äbtissin des Mittelalters?
Dann besuche das Museum am Strom! Dort kannst du mich auch bald selbst treffen und es gibt jetzt schon eine Erlebniswerkstatt, in der du viel Spannendes selbst entdecken kannst. Fühle dich wie ein römischer Soldat und schlüpfe in eine Römerrüstung oder Probiere das Schreiben mit Tinte und Feder. Du kannst sogar deinen Geburtstag im Museum feiern oder mit deiner Schulklasse ein Programm zu einem Thema buchen, das euch besonders interessiert.
Historisches Museum am Strom
Museumsstraße 3, 55411 Bingen
Tel. 06721454 353
eMail: museum-am-str0m@bingen.de
lnformationen rund um den Kran:
DENKMALGESELLSCHAFT BINGEN e.V.
Vorsitzender Martin Rector
Hennebergstr. 31, 55411 Bingen
Tel. 06721 13938
www.denkmalgesellschaft.de
post@denkmalgesellschaft.de